Dokumentarisches Erzählen heißt, dass man programmatisch seiner eigenen Inszenierung hinterherläuft und dabei ständig von der Realität überholt wird. Man setzt Leitplanken, baut Wegmarken, an denen man vorhat vorbeizukommen, aber anders als im Spielfilm, bleibt die Geschichte eine Baustelle. Am Besten bis zum Schluss.
WILD IM GEBIRGE. MEDITATIONEN ÜBER DIE JAGD (2023)
Mit der Jagd ist es so eine Sache. Sie scheint nur Eingeweihte oder Außenstehende zu kennen. Dementsprechend wird sie (in den Medien) meist romantisch verklärt oder als mordlüstern abgetan. Und so verstellt seit Jahrhunderten die Ideologie den Blick auf das Wesentliche: Das geheimnisvolle Band, das den Jäger mit der Natur verbindet und durch den Schuss immer wieder aufs Neue zerrissen wird. WILD IM GEBIRGE ist eine leise und einfühlsame Meditation über das Töten und unsere Beziehung zur Natur, die sich dem Jäger als exemplarischer Figur an die Fersen heftet. Ein Film über den „Schweiß“ des Jägers und den Schweiß/das Blut des Wildes. Eine Spurensuche abseits ausgetretener Pfade und Positionen. Ein Film, der zum Sehen und zum Hören verführen will. Gewinner bei den NEW YORK INDEPENDENT CINEMA AWARDS (2023), beim HONGKONG INDIE FILM FESTIVAL (2024) und beim NATURE WITHOUT BORDER FESTIVAL (2024), Semifinalist in ROTTERDAM, SAN JOSE, SACRAMENTO und CHICAGO.
JEDERMANN AUF REISEN. DIE WELTVERMESSUNG EINES HEIMATLOSEN (2021) war so ein Film.
Er versteht sich also nicht als historische Annäherung an den legendären Theatermacher, sondern als Standortbestimmung des syrischen Autors, die sich immer wieder an der Person Max Reinhardts und seinem Schloss entzündet – diesem spektakulär künstlichen und künstlerischen Ort. Der Umweg über den Anderen markiert eine Spurensuche, die den Autor immer wieder auf das zurückwirft, was seine Identität und von außen an ihn herangetragenen Festschreibungen ausmacht. Damit wird Max Reinhardt, der Abwesende und überall fremd Gebliebene, Teil eines Vexierbildes, in dem immer neue Perspektiven freigelegt und auch so manche Passage aus dem JEDERMANN als biografischer Kommentar zum Parvenü Reinhardt neu gelesen werden. Gewinner bei den NEW YORK INDEPENDENT CINEMA AWARDS (2022) und bei den TORONTO FILM AND SCRIPT AWARDS (2022), Semifinalist beim SAN JOSE INDEPENDENT FILM FESTIVAL (2022). Weitere Nominierungen in MONTREAL und BARCELONA.
SHADOWS OF LIGHT. DIE ANDERSWELTEN DES BARTHOLOMÄUS RESCH (2020) war es auch.
Und doch ganz anders, weil ich erst spät ins Filmprojekt reingeholt wurde. Zu einem Zeitpunkt, an dem alles schon gedreht war. Walter Fanninger schuf Bilder von großer Qualität – über ein einzigartiges Heavy-Metal-Festival in den Bergen Österreichs und dessen opaken Zeremonienmeister Bartholomäus Resch. Was fehlte, war ein narratives Gravitationsfeld, das die Bilder auch ganz ohne Erklärstimme (Voice-Over) zusammenhält. Durch die Entdeckung der zugrundeliegenden Handlungsstränge und eines neuen Arbeitstitels sammelt sich alles auf magische Weise und ohne Meta-Erklärung wieder. Der Rest des Schnittprozesses ist spielerisch und entfaltet überraschend eine geheime Struktur. Die Auszeichnungen in Paris als BESTE EUROPÄISCHE INDEPENDENT DOKUMENTATION 2020 und in AUSTIN/TEXAS beim ARTHOUSE FESTIVAL waren eine wunderbare Draufgabe.
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"Es geht um die Bereitschaft, sich jederzeit überraschen zu lassen – von einem neuen Erzählstrang, von einer Abzweigung, mit der man nicht gerechnet hat."